Schreibübung: Alles muss raus
Da es mir in letzter Zeit irgendwie hilft, stelle ich euch hier das Schreiben vor, das alles rauslassen darf. Eine Schreibübung, die ein bisschen wie Tagebuchschreiben oder Morning Pages funktioniert.
Wann immer ich das Gefühl habe, dass mein Kopf so voller
umherirrender Gedanken ist, dass meine Konzentration nachlässt, dass ich mich
in Gedankenkreisen verliere, dass ein überbordendes Gefühl mich im Griff hat
und Ähnliches −
greife ich auf diese Schreibübung zurück. Die Idee stammt nicht
von mir, ich habe mir die Übung aber ein bisschen zu eigen gemacht.
Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit greife ich hier aufs
Tippen zurück statt auf das handschriftliche Schreiben, weil es um
Schnelligkeit geht. So schnell, wie die Gedanken kommen, so schnell sollen sie
aufgeschrieben werden. Alles, was in meinem Kopf gerade herumschwirrt, darf
raus. Ich persönlich kann da tippend auf der Tastatur besser mithalten als mit
dem Kugelschreiber auf dem Blatt Papier −
und dabei darf komplett klein
geschrieben werden und ohne Kommata, Punkte, richtige Schreibweise etc. Denn es
geht ja um das, was ich aufschreibe −
all das aus meinem Kopf, was mir in
diesem Moment zu viel ist.
Wann "dieser Moment" ist, entscheide ich spontan, es muss kein Morgenritual
sein, keine festgelegte Stunde, die nur für dieses persönliche Schreiben
reserviert ist. Für mich ist diese Schreibübung einfach eine Methode, um mit
Gefühlen klarzukommen oder meinen Kopfstress zu beruhigen, sobald er auftaucht.
Dafür ist es natürlich hilfreich, wenn ich nahezu den ganzen Tag über etwas zu
schreiben in Reichweite habe.
Ich schnappe mir also jeden Gedanken, der umherrast, und tippe ihn aufs
virtuelle Blatt, nehme ihm damit seine beängstigende Größe und ziehe ihn aus
dem Gedankenverkehr hinter meiner Stirn. Egal wie unwichtig, merkwürdig, schwer, peinlich ein Gedanke ist oder wie
oft er auftaucht, in welchen wiederholenden Varianten auch immer, er wird abgetippt. Ebenso jedes Gefühl, das mich mit
all seiner Schwere überschwemmt. Es wird so lange geschrieben, bis der Kreisel
in meinem Kopf frei ist und das, was mir ein paar Minuten zuvor noch Stress
gemacht hat, sich jetzt nicht mehr so beängstigend anfühlt. Weil es
aufgeschrieben ist, sagbar, analysierbar, widerlegbar ist.
Wichtig für diese Übung ist, ohne jeglichen Anspruch an irgendein Stilniveau zu
schreiben, und dabei so schnell zu sein, dass keine kritische Instanz aus dem
Hinterstübchen sich melden und Dinge vorwerfen kann, wie: "Dieses Wort benutzt
du jetzt schon zum vierten Mal −
wie klein ist denn bitte dein Wortschatz?!".
Schon das Rausschreiben von allem, was im Kopf schreit, bringt eine
erleichternde Ruhe; gleichermaßen lässt es Gefühle abebben, wenn sie
aufgeschrieben werden, diverse Ängste, Zweifel, Schatten von früher etc. Das
ist der Effekt auf mentaler Ebene.
Danach gönne ich mir, das, was ich mit nun freiem Kopf und Herz beobachte oder mir
in den Sinn kommt, ebenfalls aufzuschreiben −
auch hier wieder ohne irgendeinen
Anspruch, sondern ganz spielerisch, frei, einfach mit Lust am Erzählen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich diese Schreibübung in den Schreibflow
bringt. Nach dieser Übung habe ich mich sozusagen "eingeschrieben" −
und mit
der einkehrenden Klarheit im Kopf und mit offenem Herzen für jegliche Idee überkommt
mich meistens sogleich auch Lust, an einem meiner Projekte weiterzuschreiben.